Noch vor der nächsten zinspolitischen Entscheidung der FED versucht Draghi die bestehenden Zweifel am Krisenmanagement der EZB zu zerstreuen. Am Rande seines Besuches in Israel machte er deutlich, dass die EZB zu allem entschlossen ist. Im Extremfall würden die Notenbänker auch vor negativen Zinsen nicht zurück schrecken. Mit einem solchen Schritt würde die EZB Banken zur Kasse beten, die ihr Geld über Nacht bei der EZB parken. Denn Banken würden für Gelder, welche sie der EZB über Nacht zur Verfügung stellen, keine Zinsen erhalten. Im Gegenteil sie müssten sogar dafür bezahlen, dass sie der Europäischen Zentralbank Geld zur Verfügung stellen. Mit der Androhung derartiger Schritte will Draghi einerseits seine Entschlossenheit demonstrieren alles gegen ein „Außeinanderfallen“ des Euros zu tun. Anderseits möchte er die Banken auch dazu bewegen mehr Kredite zu geben und nicht mehr nur das Geld zu „bunkern“ bzw. wenn sie schon das Geld bei der EZB parken. Mit diesem Schritt würde die EZB einen „Strafzins“ für zurückgehaltene Liquidität einführen. Die daraus gewonnen Gelder stünden dann der EZB zur Restrukturierung der Krisenstaaten wie z.B. Griechenland, Portugal und Spanien zur Verfügung.

Fraglich ist jedoch ob dieses Modell eine Zukunft hat, denn in einer derart vernetzten Welt ist es für eine Großbank, wie bspw. die Deutsche Bank, kein Problem Alternativen zu finden (z.B. Liquiditätseinlagen bei einer andere Zentralbank). Im Ergebnis würde die Maßnahme also kein Ende der Kreditklemme bedeuten, sondern lediglich zu einer Kapitalumlenkung führen, ohne das Banken das Kapital in den Markt geben.

Letzten Endes sind Draghis Aussagen ein „Hilfeschrei“. Denn die EZB steckt in einer Zwickmühle, sie versucht auf der einen Seite gegen die Kreditklemme anzukämpfen in dem sie die Zinsen niedrig hält und den Markt mit Liquidität „flutet“. Auf der anderen Seite ist den Notenbänkern durchaus bewusst, dass die Banken Ihre Kapitaldecken, aufgrund von Basel III und CRD IV, stärken müssen und somit die Kreditvergabe alleine schon aus diesem Grund restriktiver ist. Hinzu kommt das viele Institute immer noch mit den Verlusten aus dem Investmentbanking und Immobiliengeschäften zu kämpfen haben. Auch wenn Draghi etwas anderes behauptet, die EZB hat ihre „Pfeile“ verschossen um die Märkte insbesondere in den Krisenländern wieder in Gang zu bekommen braucht es Vertrauen. Jedoch kann eine Zentralbank nur begrenzt Vertrauen schaffen, sie braucht die Hilfe der Politik. Nur wenn Vertrauen in die wirtschaftliche Kompetenz der jeweiligen Regierung herrscht kann die Zentralbank im Rahmen Ihrer Möglichkeiten für einen neuen Aufschwung sorgen. Folglich sind jetzt vorallem die Regierungen der europäischen Krisenstaaten gefordert eine nachhaltige, glaubhafte und vernünftige Wirtschaftspolitik zu etablieren.